9. Die Befreiungskriege.
37
vor Kälte erstarrt nieder, viele fanden ihren Tod in den Fluten der Beresina; nur etwa 50 000 sahen die Heimat wieder. Der russische General Diebitsch, der die Flüchtigen verfolgte, schloß in einer Mühle bei Tauroggen an der russischen Grenze mit dem preußischen General Aork einen Neutralitätsvertrag. Dieser Vertrag, der ohne Vorwissen des Königs geschlossen wurde, war die Einleitung zu dem Bündnisse Preußens und Rußlands gegen Napoleon.
9.- Die Befreiungskriege.
Im Februar 1813 wurde zwischen Preußen und Rußland ein Bündnis zum Kriege gegen Napoleon geschlossen. England versprach Hilfe. Da in Berlin ein französisches Heer lag, verlegte der König seine Residenz nach Breslau. Am 17. März rief er das preußische Volk zum Kriege auf. In dem Aufrufe heißt es:
„Ss wenig für mein treues Volk als für alle Deutschen bedarf es einer Rechenschaft über die Ursache des Krieges, welcher jetzt beginnt. Wir erlagen unter der Übermacht Frankreichs; der Friede schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg; das Mark des Landes ward ausgesogen, der Ackerbau sowie der Kunstfleiß der Städte gelähmt, die Hauplfestnngen blieben vom Feinde besetzt. Übermut und Treulosigkeit vereitelten meine besten Absichten, und nur zu deutlich sahen wir, daß Napoleons Verträge mehr noch als seine Kriege uns langsam verderben mußten. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung aufhört. Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was euer trauriges Los fein wird, wenn wir den Kampf nicht ehrenvoll endigen! Große Opfer werden von allen gefordert werden, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für welche wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu fein. Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsre Existenz, unsre Unabhängigkeit und unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg gibt es als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, weil ehrlos der Preuße und Deutsche nicht zu leben vermag. Mit Zuversicht dürfen wir vertrauen, Gott und ein fester Wille werden unsrer gerechten Sache den Sieg verleihen und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit."
Bald darauf erließen auch die preußischen Prinzessinnen einen Aufruf zur Gründung eines Frauenvereins, der die Mittel zur Kriegsrüstung beschaffen sollte. Die Seele des Unternehmens war Prinzessin Marianne, die Gemahlin des Prinzen Wilhelm, des jüngsten Bruders des Königs. Der Aufruf lautet:
„Das Vaterland ist in Gefahr! So sprach der König zu seinen getreuen, ihn liebenden Untertanen, und alles eilt herbei, um es dieser Gefahr zu entreißen. Männer ergreifen das Schwert und reißen sich los aus dem Kreise ihrer Familien, Jünglinge entwinden sich der zärtlichen Umarmung liebender Mütter, und diese, voll edlen Gefühls, unterdrücken die heilige
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Breslau Frankreichs Napoleons Pommern
7. Der Französische Krieg 1870—1871.
89
sich auf dem Bahnhöfe zu Ems von ihm zu verabschieden. Graf Benedetti, der König Wilhelm hoch verehrte, hat sich nie über unfreundliche Behandlung seitens des Königs beklagt.
/ Kriegserklärung. Am 19. Juli 1870 ließ die französische Regierung der preußischen die Kriegserklärung überreichen.
Gerade sechzig Jahre vorher, am 19. Juli 1810, war des Königs Mutter, die unvergeßliche Königin Luise, gestorben. König Wilhelm begab sich an dem doppelt wichtigen Tage in das Mausoleum zu Charlottenburg, um am Grabe seiner Eltern zu beten.
„Heute war's vor sechzig Jahren," Tret' ich denn zum neuen Kampfe
Leise seine Lippe spricht, Wider alte Feinde ein,
„Als ich sah zum letzten Male Dann soll's mit dem alten Zeichen,
Meiner Mutter Angesicht! Mit dem Kreuz von (Eisen sein!
Heute war's vor sechzig Jahren, Der Erlösung heilig Zeichen
Als ihr deutsches Herze brach Leuchte vor im heil'gen Krieg,
Um den Hohn des bösen Feindes, Und der alte Gott im Himmel
Um des Vaterlandes Schmach! Schenk' dem alten König Sieg!
Jette Schmach hast du gerochen Blicke segnend, Mutterauge,
Längst, mein tapfrer Vater, du, Vater, sieh, dein Sohn ist hier,
Aber Frankreich wirst aufs neue Und auch du, verklärter Bruder,
Heute uns den Handschuh zu! Heute ist dein Herz bei mir!“
wieder sitzt ein Bonaparte Leise weht es durch die Halle,
Ränkevoll aus Frankreichs Thron, König Wilhelm hebt die Hand,
Und zum Kampfe zwingt uns heute All die goldnen Sprüche funkeln
wieder ein Napoleon! Siegverheißend von der wand.
Zu Lharlottenburg im Garten Aus dem düstern Fichtenhain Tritt der König hoch und mächtig,
Um sein Antlitz Sonnenschein! hesekiel.
Kriegsbereitschaft. Der französische Kriegsminister hatte erklärt, Frankreich sei zum Kriege vollkommen gerüstet. Dies war nicht wahr. Es fehlte an Ausrüstung für die Truppen, an Karten der Grenzgebiete, an Lebensmitteln für Soldaten und Pferde. Als Kaifer Napoleon Iii. bei der Armee eintraf, fand er keinen einzigen Truppenkörper völlig kriegsbereit. Preußen und der Norddeutsche Bund waren dagegen vollständig auf den Krieg vorbereitet, als er erklärt wurde; die süddeutschen Staaten stellten, dem Bündnis getreu, ihre Truppen unter Preußens
berbefeht. 5^roaf,en un^ preußen Hand in Hand,
Der Nord, der Süd ein Heer! was ist des Deutschen Vaterland? wir fragen’s heut nicht mehr!
Ein Geist, ein Arm, ein einz’ger Leib,
Ein Wille sind wir heut!
Hurra, Germania, stolzes Weib,
Hurra, du große Zeit!
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Extrahierte Personennamen: Benedetti Wilhelm Wilhelm Wilhelm Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Charlottenburg Frankreich Frankreichs Frankreich
200
Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Neichr.
stand nicht anerkannt; in kühnem Zuge führte er seine Truppen quer durch Norddeutschland hindurch und erreichte die Wesermündung, von wo ihn englische Schiffe nach England führten. Auch die Tiroler wollten sich im Vertrauen darauf, daß ihr Kaiser Franz sie nicht verlassen werde, dem Friedensschlüsse nicht unterwerfen und griffen noch einmal zu den Waffen. Aber sie wurden von bayrischen, französischen und italienischen Truppen unterworfen; Andreas Hofer wurde in seinem Versteck, einer hoch über dem Passertale gelegenen Sennhütte, aufgefunden und in Mantua erschossen.
§ 210. Napoleons Weltherrschaft. Napoleon hatte jetzt die Höhe seiner Macht erreicht. Friedrich Wilhelm Iii., der zwar an dem letzten Kriege nicht teilgenommen, aber dennoch durch seine Maßregeln seinen Verdacht erregt hatte, wurde genötigt aus Königsberg, wo er bisher residiert hatte, in das von französischen Festungsgarnisonen umgebene Berlin zurückzukehren. Im nächsten Jahre, 1810, traf den gedemütigten König und das unglückliche Land ein neuer schwerer Schlag: in blühendem Alter starb die Königin kur<$ den Niedergang Preußens tieferschütterte Königin Luise. „Ich bin Luise, tüte vom Blitz getroffen", schrieb damals Blücher; „Gott im Himmel, sie muß vor uns zu guht gewesen sein."
Indessen schien sich O st e r r e i ch, wo nunmehr Graf Metternich der leitende Minister war, ganz an den Weltherrscher anschließen zu wollen. Im Jahre 1810 vermählte sich Napoleon, nachdem er sich von seiner Ge-Marie^ Luise mahlin Josephine geschieden hatte, mit Marie Luise, der Tochter des Österreich. Kaisers Franz. Und diese schenkte ihm 1811 den ersehnten Thronerben, der den Titel eines Königs von Rom erhielt.
Immer rücksichtsloser vergrößerte unterdessen Napoleon sein Reich. Im Süden verleibte er ihm jetzt auch Rom ein, von wo er den Papst als Gefangenen wegführen ließ. Ferner vereinigte er, nachdem sein Bruder ?äm!n/des' Ludwig freiwillig die Krone von Holland niedergelegt hatte, Holland schm Reiches f010*6 9an8e deutsche Nordseeküste nebst den drei Hanse st ädten mit Frankreich, das nunmehr bis zum Garigliano und bis zur Trave reichte.
«ründe^jum 5 gll. Der russische Feldzug. Während Napoleons Politik immer gewaltiger wurde, erkaltete sein Verhältnis zu Alexander von Rußland. Dieser konnte die ungeheure Vergrößerung des französischen Weltreiches nicht ruhig mit ansehen; daß auch Oldenburg, dessen Herzöge
Der französisch-russische Krieg. 1812.
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Extrahierte Ortsnamen: Norddeutschland England Mantua Napoleons Königsberg Berlin Rom Rom Holland Holland Frankreich Garigliano Napoleons Oldenburg
272
Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
begleitete er auch ferner mit lebhaftester Aufmerksamkeit, mit ratenden und warnenden Worten, als ein getreuer Eckart der Nation ihre politische Entwickelung. Indessen wuchs die Begeisterung für den großen deutschen Mann immer höher. Mit unbeschreiblichem Jubel beging das deutsche Volk am 1895.1. April 1895 den achtzigsten Geburtstag des nationalen Helden, des Gründers des deutschen Reichs; und es war ein Tag tiefer nationaler so. Juli Trauer, als er am 30. Juli 1898 durch den Tod hinweggerafft wurde. Lange vor ihm war Graf Moltke gestorben. Am 26.Oktober 1690 war sein neunzigster Geburtstag in ganz Deutschland feierlich begangen worden; noch im März 1891 sprach er im Reichstag, dem er von Anfang an als Abgeordneter angehört hatte. Ohne krank gewesen zu sein, starb er am 24. April 1891.
Zum Reichskanzler hatte der Kaiser an Bismarcks Stelle den General der Infanterie von Caprivi berufen, der nachher zum Grafen erhoben worden ist. 1894 trat an dessen Stelle der im Staatsdienst grau gewordene Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst, der von 1866 bis 1869 bayrischer Minister des Auswärtigen, später deutscher Botschafter in Paris und zuletzt als Nachfolger des Generalfeldmarschalls von Manteuffel Statthalter des Reichslandes Elsaß-Lothringen gewesen war. Ihm folgte 1900 Graf Bülow.
Äußere Auch unter Wilhelm Ii. ist das deutsche Reich einer Politik des d Friedenttreu geblieben. Dem Frieden dienten die Besuche an fremden Höfen, die er machte; ein Hort des Friedens blieb auch ferner das Bündnis mit Österreich und Italien. Auch mit Rußland wurden seit der Thronbesteigung Nikolaus' Ii. wieder herzlichere Beziehungen angeknüpft. Mit England, das die Anfänge der deutschen Kolonialpolitik nicht ohne Eifersucht beobachtet hatte, wurde 1890 ein Vertrag geschlossen; England übernahm das Protektorat von Sansibar, trat aber Helgoland an Deutschland ab. Im Jahre 1897 wurde ein zukunftsreicher Stützpunkt in China, das Gebiet von K i a u t s ch o u, erworben. Im Jahre 1899 verkauften die Spanier, nachdem ihnen die Amerikaner die wichtigsten Stücke ihres Kolonialbesitzes, Cuba und die Philippinen, im Kriege entrissen hatten, den Rest ihres Besitzes in der Südsee, die Karolinen und Marianen, an Deutschland. Als cs Chinesische in China 1900 zu einer Volkserhebung gegen die Fremden kam, viele Expedition. und einge&orcnc Christen niedergemetzelt und der deutsche Ge-
sandte in Peking ermordet wurden, beteiligte sich Deutschland an einer Gesamtunternehmung der Großmächte, schickte zum ersten Male Truppen über See und stellte auch den Oberkommandierenden, den Generalfeldmarschall Grafen W a l d e r f e e. China wurde genötigt, eine Kriegsentschädigung zu
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Extrahierte Personennamen: Graf_Moltke Caprivi Manteuffel Graf_Bülow Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Bismarcks Paris Italien England England Sansibar Helgoland Deutschland China Cuba Deutschland China Peking Deutschland China
238 Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung dcs neuen Reichs.
gehörte, durch sächsische und hannoversche Truppen besetzen. Darauf nahmen die beiden deutschen Großmächte die Angelegenheit in ihre Hand. Bismarck sah den Augenblick gekommen, wo die Herzogtümer durch einen Krieg für Deutschland erworben werden könnten; die österreichische Regierung aber wollte Preußen in dieser Frage nicht allein handeln lassen.
1864. § 241. Der Feldzug. Im Februar 1864 überschritt ein preußisch-
österreichisches Heer von 57 000 Mann die Eider. Den Oberbefehl über das ganze Heer führte zunächst der achtzigjährige Generalfeldmarschall von Wrangel; die Preußen befehligte Prinz Friedrich Karl, der später an Wrangels Stelle den Oberbefehl über die ganze Armee übernahm, die Österreicher der Feldmarschallleutnant von Gablenz. Den allgemeinen Kriegsplan hatte General von Moltke ausgearbeitet, dessen Ernennung zum Chef des Generalstabes der Armee eine der ersten Regierungshandlungen des Prinzen von Preußen gewesen war.
Die Dänen erwarteten die Angreifer in dem Danewerk, einer Reihe von Verschanzungen, die sich zwischen der Stadt Schleswig und der Eider hinzogen. Als aber die Preußen durch Überschreitung der Schlei sie zu umgehen drohten, verließen sie diese Stellung und zogen sich nach der Halbinsel von Düppel zurück, die stark befestigt war. Die deutschen Mächte ließen darauf den größten Teil von Jütland durch ihre Truppen besetzen. Ferner wurden is ^rtf bic Schanzen von Düppel von dem Prinzen Friedrich Karl einem heftigen Bombardement unterworfen, und nachdem die Laufgräben bis auf wenige hundert Schritt an die Stellungen der Feinde herangeführt worden waren, auf den 18. April früh 10 Uhr der Sturm festgesetzt. Binnen 10 Minuten waren von den sechs Sturmkolonnen die sechs ersten Schanzen genommen; darauf wurden auch die übrigen Schanzen erobert und der Feind nach der Insel Alfen gedrängt, die nur durch einen schmalen Sund vom Festlande getrennt ist. Die Preußen hatten 1200 Mann an Toten und Verwundeten. Wenige Tage später erschien König Wilhelm beim Heere und hielt aus dem Schlachtfeld über seine braven Truppen eine Revue ab.
Zur See hatten die Dänen die Übermacht, da sie die stärkere Flotte befaßen. Doch lieferten ihnen bei Arsona preußische, bei Helgoland österreichische Schiffe glückliche Gefechte. Verhandlungen, welche unter Vermittelung der auswärtigen Großmächte mit Dänemark stattfanden, scheiterten infolge der Halsstarrigkeit der dänischen Regierung. Darauf begannen die kriegerischen Unternehmungen von neuem. In der Nacht vom 28. zum 28 /29 fgunt Juni wurde die Insel Alfen, das letzte Stück schleswigschen Landes, das noch von den Dänen besetzt war, erstürmt und der Feind gezwungen sich
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schleswig Helgoland
244
Das Zeitalter der Zerstörung de« alten und der Entstehung des neuen Reichs.
§ 246. Der Friede. Am 23. August wurde der endgültige Friede Friede zu zu Prag unterzeichnet. Bismarck hatte es bereits auf dem Schlachtfelde ?Prafl‘ von Königgrätz ausgesprochen, daß es nunmehr gelte, die alte Freundschaft mit Österreich wiederherzustellen. So wurden ihm denn sehr milde Friedensbedingungen auferlegt. Zwar mußte Österreich die Auflösung des deutschen Bundes und die Gründung eines neuen norddeutschen Bundes, an dessen Spitze Preußen trat, anerkennen; auch gab es seine Zustimmung dazu, daß sich Preußen durch Annexion von Schleswig-Holstein und anderen Gebieten stark vergrößerte. Aber von Venetien abgesehen, das an Italien fiel, wurde ihm keine Landabtretung zugemutet, und an Kriegskosten hatte es nur 20 Millionen Taler zu bezahlen.
Härter wurden die Gegner Preußens in Norddeutschland behandelt. Sachsen wurde zwar aus Rücksicht auf Österreich, das für diesen treuen Waffengefährten mit aller Entschiedenheit eintrat, in seinem bisherigen Annexionen. Besitzstände belassen. Dagegen wurden nicht nur die Elbherzogtümer, sondern auch Hannover, Kurhessen, Nassau und die Stadt Frankfurtdem preußischen Staat einverleibt. Dieser vergrößerte sich um ein Viertel seines Bestandes; drei neue Provinzen traten zu den bisherigen hinzu, und die beiden Hälften, in die Preußen bisher zerfallen war, wuchsen nun zu einer Einheit zusammen.
Den süddeutschen Staaten gegenüber beobachteten König Wilhelm und Bismarck Mäßigung. Nur geringe Gebietsabtretungen und Kriegsentschädigungen wurden gefordert. Daß Preußen aber mit ihnen ein noch näheres Verhältnis einging, wurde durch die Ansprüche Napoleons Iii. bewirkt. In Frankreich war die Überraschung über die schnellen Siege der Preußen sehr groß gewesen; die Franzosen empfanden die Schlacht von Königgrätz fast wie eine eigene Niederlage und forderten, wenn Preußen sich vergrößerte, auch für sich einen Gebietszuwachs. Als aber jetzt Napoleon Franzsstschedurch seinen Gesandten Benedetti Entschädigungsansprüche erhob fdjätvflungs; und auf die Rheinpfalz und Rheinhessen hinwies, wies ihn Bismarck rund-fribinmgen ^ ^ Zugleich enthüllte er diese französischen Ansprüche den süddeutschen Regierungen; und diese, welche jetzt erkannten, wo ihr wahrer Freund zu Schutzbund suchen sei, schlossen mit Preußen geheime Schutz- und Trutzbünd-lisse mit den n i s s e ab, wonach im Kriegsfall ihre Truppen unter den Oberbefehl des Staaten. Königs von Preußen treten sollten. So umschloß bereits jetzt ein enges Band die nord- und süddeutschen Staaten. Im nächsten Jahre wurden die Bündnisse auch veröffentlicht.
Groß waren die Erfolge dieses Krieges; die Heeresreform König Wilhelms hatte sich auf das glänzendste bewährt. Die Folge davon war
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Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holstein Venetien Italien Norddeutschland Sachsen Kurhessen Nassau Napoleons Frankreich Rheinpfalz Rheinhessen
248 Das Zeitalter der Zerstörung der alten und der Entstehung der neuen Reichs.
Vätern war." Dem versammelten Reichstage teilte der Bundeskanzler Ämit, daß eben die französische Kriegserklärung eingelaufen sei. Die Id-Luit. Geldforderungen der Regierung wurden sofort bewilligt.
Am 19. Juli, dem Todestage seiner verewigten Mutter, der Königin Luise, erneuerte König Wilhelm für die Dauer dieses Krieges den Orden des eisernen Kreuzes. Gleichzeitig befahlen die süddeutschen Fürsten die Mobilmachung ihrer Truppen und unterstellten sie, den Verträgen getreu, dem Oberbefehl des Königs von Preußen. Nun hieß es: Alldeutschland in Frankreich hinein!
8 249. Der Aufmarsch der Armeen. Die s r a n z ö s i s ch e F e l d -
a r m e e betrug etwa 350 000 Mann. Sie war dadurch innerlich von den deutschen Truppen unterschieden, daß in Frankreich der Grundsatz der Stellvertretung, also nicht die allgemeine Wehrpflicht galt; die Besitzenden pflegten sich loszukaufen und hielten sich von der Armee fern. Mit großer Schnelligkeit wurden die Truppen nach der Grenze gesandt und waren dort versammelt, ehe die deutschen Heere herangekommen waren; aber obwohl der Kriegsminister Leboeuf in der Kammer auf die Frage nach der Kriegsbereitschaft geantwortet hatte ,,Nous sommes arehipräts“, herrschte die größte Unordnung, die Verpflegung war ungenügend, so daß die Mannschaften teilweise Hunger litten, und die Ausrüstung war keineswegs vollendet. Die französische Armee wurde von dem Kaiser Napoleon selbst befehligt, obwohl er krank war; in Paris führte indessen die Kaiserin Eugeniedie Regentschaft. Die französische Kriegsleitung hatte den Plan gehabt, schnell über den Rhein in die Mainlande einzudringen; wenn man hier einige Erfolge erzielt hätte, hoffte man, daß Österreich und Italien ebenfalls den Krieg erklären und die süddeutschen Staaten sich Frankreich anschließen würden. Dieser Plan scheiterte, abgesehen von der Vertragstreue der Süddeutschen, schon daran, daß die französische Armee nicht fertig ausgerüstet war. Daß sich aber auch später Österreich und Italien am Kriege nicht beteiligt haben, verdanken wir in erster Linie der Schnelligkeit unsrer Siege, in zweiter dem Umstand, daß Rußland eine Deutschland wohlwollende Haltung einnahm.
Dllmett5tn Die deutschen Feldtruppen betrugen rund 600 000 Mann; im ganzen haben im Lause des Krieges 1 100 000 Mann die französische Grenze überschritten. Wichtiger noch als die Überlegenheit der Zahl war es, daß unser Heer das Volk in Waffen darstellte, das für sein Vaterland focht, und daß es von einem besseren und ernsteren Geiste erfüllt war als die Mehrheit der französischen Truppen; sodann daß unser Offizier-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Leboeuf Napoleon Eugeniedie
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rl3<fj.
260 Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen. x-eshfng. An der Spitze der Reichsverwaltung steht nicht ein kollcgialisch gegliedertes Ministerium, sondern allein der Reichskanzler, dem sämtliche Reichsbehörden untergeordnet sind und der zugleich preußischer Ministerpräsident zu sein pflegt. Die Reichsbehörden werden von Staatssekretären geleitet; zu ihnen gehören das auswärtige Amt, das Reichsamt desjnneren, das Reichsmarineamt, das Reichsju st izamt, das R e i ch s s ch a tz a m t, das Reichspostamt, das R e i ch s e i s e n -b a h n a m t.
§ 258. Das Dreikaiserbiindllis. Der Dreibund. Das neue Reich war ein Reich des Friedens; seine starke Wehrkraft sollte dazu dienen, ihm "'reich.den Frieden zu sichern. Besonders zu Frankreich blieb das Verhältnis gespannt. Das Verlangen nach Revanche erfüllte dort weite und einflußreiche Kreise. Die Armee wurde nach deutschem Muster organisiert, sehr verstärkt und die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.
Demgegenüber war es die erste Aufgabe der deutschen Staatsmänner, das Vaterland so verteidigungsfähig zu machen,; daß es im Notfall jeden feindlichen Angriff allein zurückzuweisen imstande wäre. „Ein großes Volk besteht nur durch sich selbst und aus eigener Kraft", erklärte Graf Moltke 1874 im Reichstage, als er eine weitere Verstärkung des Heeres befürwortete; und Fürst Bismarck sagte in der berühmten Reichstagsrede, die er im Februar 1888 hielt und in welcher er einen Überblick über Deutschlands auswärtige Politik gab: „Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt!" Doch hielt es der große Staatsmann von vornherein für seine Pflicht, durch B ü n d n i s s e mit anderen Mächten die Machtstellung Deutschlands zu verstärken und den Frieden zu sichern. Zunächst war es ebenso für Kaiser Wilhelm wie für seinen Kanzler ausgemacht, daß Deutschland in erster Linie mit Rußland ein gutes Verhältnis zu wahren habe, dessen Kaiser Alexander Ii., der Neffe des deutschen Kaisers, auch seinerseits zu Deutschland hinneigte. Da es Bismarcks kluger und versöhnlicher Staatskunst gelang, auch mit Österreich wieder gute Beziehungen anzuknüpfen, Äs entstand im Jahre 1872 das Dreikaiserbündnis, das, solange es bestand, als ein Bollwerk des Friedens wirkte; in ihm nahm Deutschland die führende Stellung ein.
Da trat infolge der orientalischen Verwickelungen eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland ein. Seit
Die üuszere Politik des deutschen Reichs
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Extrahierte Personennamen: Graf_Moltke Fürst_Bismarck Wilhelm Alexander_Ii Alexander Bismarcks
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Die Befreiungskriege.
297
1808
1809
1812
1812 30. Dez.
1813-1815
1813
Februar
März
Napoleons Festlandsperre gegen England.
Entthronung der spanischen Bourbonen, Erhebung Josephs zum König von Spanien, Murats zum König von Neapel.
Der spanische Krieg. Wellington.
Der österreichische Krieg.
Tiroler Ausstand. Schill. Friedrich Wilhelm von Braunschweig.
Sieg des Erzherzogs Karl bei Aspern.
Niederlage bei Wagram.
Friede von Wien.
Vermählung Napoleons mit Maria Luise von Österreich.
Vereinigung der Nordseeküste und Roms mit dem französischen Reiche.
Napoleons russischer Feldzug.
Bündnis Preußens und Österreichs mit Napoleon.
Brand Moskaus. Rückzug und Vernichtung der großen Armee; Übergang über die Berestna.
Konvention Dorks zu Tauroggen. Erhebung von Ostpreußen.
Iii. Die Befreiungskriege.
Der Neubau Preußens.
Staatsverwaltung des Freiherrn vom Stein.
Befreiung der Bauern; Aufhebung der ständischen Beschränkungen. Neuordnung der Staatsverwaltung. Städteordnung.
Gründung der Universität Berlin.
Staatsverwaltung Hardenbergs. Gewerbefreiheit. Regelung der bäuerlichen Verhältnisse.
Reform des Heeres durch Scharnhorst, Gneise-n a n u. a. Abschaffung der Werbung und der entehrenden Strafen, Neuordnung des Eintritts in das Offizierkorps, Krümpersystem.
D i e Befreiung Deutschlands.
Aufruf zur Bildung freiwilliger Jägerkorps, Aufhebung der Befreiungen von der Wehrpflicht.
„Aufruf an mein Volk"; Kriegserklärung.
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Extrahierte Ortsnamen: Napoleons England Josephs Spanien Murats Neapel Wellington Aspern Wien Napoleons Roms Napoleons Moskaus Berlin Deutschlands
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Geschichtliche Tabellen.
1878
1879 1884
1878 188.1 1888 S. März
1888 1ö. Jun,
1890 20. März
Der russisch-türkische Krieg.
D e r B e r l i n e r K o n g r e ß, politische Neuordnung der Balkanhalbinsel (Bulgarien).
Der Zweibund zwischen Deutschland und Österreich. Beitritt Italiens (Humbert); der Dreibund. Beginn der deutschen Kolonialpolitik.
Die deutsche Reichsverfassung. Deutschland als politische Einheit, Wehreinheit, Rechtseinheit, wirtschaftliche Einheit.
Fortführung der Selbstverwaltung in Preußen.
Die Attentate auf Kaiser Wilhelm I.
Die kaiserliche Botschaft; die soziale Reform. Tod Kaiser Wilhelms I.
Kaiser Friedrich Iii.
Tod Kaiser Friedrichs Iii.
Kaiser Wilhelm Ii.
Fürst Bismarck scheidet aus dem Amt.
Graf Caprivi; Fürst Hohenlohe; Fürst Bülow. Erwerbung von Helgoland, Kiautschou, der Karolinen und Marianen.
1898 30. Juli
Tod des Fürsten Bismarck.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Wilhelms_I. Friedrich_Iii Friedrich Friedrichs Wilhelm Caprivi
Extrahierte Ortsnamen: Bulgarien Deutschland Italiens Deutschland Friedrichs Helgoland